Südafrika, auch genannt die „Rainbow Nation“. Dieser von Erzbischof Desmond Tutu geprägte Begriff beschreibt treffend diese kunterbunt gemischte Nation. „Kunterbunt“ ist hier vor allem im Sinne von gesellschaftlichen und kulturellen Unterschieden gemeint; aber auch landschaftlich gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Regionen. Schon vor Jahrtausenden hat das Land im Süden von Afrika Menschen aus aller Welt angezogen. Aus dem bunten Völkergemisch von Ureinwohnern, Bantus, Asiaten, Indern und Europäern ist die heutige Regenbogennation entstanden, in der allein elf offizielle Sprachen gesprochen werden.
Die Geschichte der Regenbogennation
Die Geschichte Südafrikas ist geprägt von europäischen Kolonialherren. Lange Jahre war Südafrika der Schauplatz von Eroberungen, Kriegen und Rassenkämpfen. Darüber hinaus bestimmte jahrzehntelang eine, ab 1948 gesetzlich verankerte Apartheid das Land, eine Politik der staatlichen institutionalisierten und systematischen Rassentrennung. Seit dem Ende der Apartheid und den ersten demokratischen, freien und fairen Wahlen von 1994, bei denen der ANC, (African National Congress) die größte Partei der Schwarzafrikaner, als Sieger hervorging und mit Nelson Mandela der erste schwarze Präsident an die Macht kam, hat das Land einen Wandel vollzogen. Die Verbrechen der Vergangenheit versuchte man unter dem Motto "vergeben, aber nicht vergessen" mithilfe der "Wahrheits- und Versöhnungskommission" unter dem Vorsitz Desmond Tutus aufzuarbeiten. Der dreijährige, oft schmerzhafte, Wiedergutmachungsprozess hatte für viele Menschen eine befreiende Wirkung und diente als weltweites Vorbild für ähnliche Kommissionen in anderen Ländern. Dennoch ist das Erbe der Apartheid bis heute noch nicht vollständig überwunden und hat tiefe Wunden in der Gesellschaft hinterlassen.
Die Probleme des neuen Südafrikas
Was auf dem Papier steht, hat die Köpfe und die Herzen der Menschen noch nicht erreicht. Auch viele Jahre nach der Abschaffung der Apartheidsgesetze sind noch lange nicht alle Probleme beseitigt, die aus der Trennung der Gesellschaft erwuchsen. Auch wenn seit der friedlichen Transition in Südafrika inzwischen 26 Jahre vergangen sind, wirken viele Altlasten der Apartheid fort. Die sozialen Schichten sind zwar durchlässiger geworden, und mehr schwarzen SüdafrikanerInnen als je zuvor ist der wirtschaftliche Aufstieg gelungen. Zudem verbesserte die Regierung die Grundversorgung, zum Beispiel durch ein großangelegtes Bauprogramm und den Ausbau der Gesundheits- und Stromversorgung. Doch bis heute leidet die Mehrzahl der schwarzen und farbigen SüdafrikanerInnen unter wirtschaftlicher Marginalisierung und Armut. Ihr Bildungsniveau und die Möglichkeit, besser bezahlte Stellen zu bekommen, sind trotz Sonderprogrammen der Regierung und des "Black Economic Empowerment"-Programms weitaus geringer als das der weißen SüdafrikanerInnen, die nur ungefähr 8% der Gesamtbevölkerung ausmachen. Südafrika ist aufgrund seiner Bodenschätze ein reiches Land. Die Wirtschaft wächst stetig. In der neuen Demokratie hat sich allerdings ausschließlich die Elite bereichert. Ein Großteil des Landes ist noch immer in den Händen der weißen Minderheit. Nur ein Teil der Bevölkerung profitiert von dem Reichtum des Landes. Vierzig Prozent leben an der Armutsgrenze. Die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert sich von Jahr zu Jahr. Noch immer sind es hauptsächlich schwarze SüdafrikanerInnen, die in Armut leben. Doch auch viele Weiße verarmen immer mehr. Sie haben sich in eigenen, weißen Elendsvierteln eingerichtet. Die größten Probleme sind Arbeitslosigkeit und fehlende Bildung. Unter den Jugendlichen ist die Arbeitslosigkeit am höchsten. Sie demonstrieren für eine bessere Ausbildung und gerechtere Löhne. Fast alle erwachsenen SüdafrikanerInnen haben eine Schule besucht und können lesen und schreiben, denn es herrscht Schulpflicht und die meisten Kinder kommen zum Unterricht. Doch leider bricht ein Viertel aller Kinder aus sozial schwachen Schichten, nach den ersten Jahren die Schule ab. Die Kriminalitätsrate in Südafrika ist enorm hoch. In den letzten zehn Jahren gab es in Südafrika insgesamt 219.000 Mordfälle und 118.000 Fälle von Totschlag. Trotz ständiger Bemühungen der Regierung, der Polizei und sinkender Trends, hat das Land eine der höchsten Verbrechensraten weltweit. Besonders erschreckend sind die Statistiken über Sexualverbrechen. So muss jede zweite Südafrikanerin damit rechnen, in ihrem Leben einmal vergewaltigt zu werden. Eine weitere große Bedrohung für Südafrika stellt die Immunschwächekrankheit AIDS dar. Etwa 21 % der Bevölkerung zwischen 15 und 49 Jahren sind mit dem HI-Virus infiziert. Die Lebenserwartung ist deshalb um 20 Jahre gesunken. Derzeit sterben jedes Jahr 500.000 Südafrikaner an Aids.
Kinderrechte in Südafrika
Die Kinderrechte werden seit 1990 in fast allen afrikanischen Ländern geschützt. Sie gelten auch in Südafrika. Seither wurde von den Regierungen vieles verbessert, was Bildung, Gesundheit, Zugang zu sauberem Wasser und Schutz vor Gewalt betrifft. Doch in zahlreichen Ländern herrscht Armut, und in armen Ländern werden Kinderrechte wenig geachtet. Das trifft auch auf Südafrika zu. Südafrika ist kein armes Land, doch fast zwei Drittel aller Kinder leben hier in Armut. Die Grundversorgung ist oft miserabel. Viele haben keinen Zugang zu sauberem Wasser und die Gesundheitsversorgung ist mangelhaft. Meist liegt es daran, dass die Väter arbeitslos sind oder dass die Mütter ihre Kinder allein großziehen. Die ältesten Kinder müssen, mit Hilfsjobs neben der Schule als Haushaltshilfe, mit Arbeiten auf den Feldern und in den Minen, die Familie mitunterstützen. Besonders Mädchen aus armen Verhältnissen beenden oft nicht die Schule. Sie sind zudem zu wenig vor Gewalt und Missbrauch geschützt. Daher schließen sich immer mehr Eltern zusammen und kämpfen gemeinsam für bessere Bedingungen für ihre Kinder. Trotz aller Bestrebungen scheint in der „Rainbow Nation“, also auch heute noch ein enormer Verbesserungsbedarf bezüglich der vorherrschenden Verhältnisse und Benachteiligungen zu bestehen.